Ein ganz mieser Tag

Ein Riese aus Stahl, Beton, Glas und Plastik wuchs aus dem Boden, ein Wolkenkratzer wie jeder andere, ein weiteres seelenloses, charakterloses, postmodernes Gebäude, das sich nahtlos in das Stadtbild eingliederte, eine weitere Zelle im amöbenhaften Körper der Mega-City. Das Architektenteam, denn es gab nicht mehr nur den einen Architekten, hatte wahrscheinlich kollektiv seinen Fetisch für„Ein ganz mieser Tag“ weiterlesen

Der endlose Krieg

Unter dem glutroten Himmel brannte das Gewehrfeuer, schwarzer Rauch stieg aus den aschebedeckten Schlachtfeldern empor. Gewaltige Geschütztürme ratterten unermüdlich, fleißige Hände fütterten sie stetig mit neuer, frischer Munition, die alten Hülsen bedeckten den Boden. Die Hitze in den Maschinenräumen war kaum auszuhalten. Der Lärm zerriss einem die Trommelfelle. Ratter-ratter-ratter-ratter, sollte dieses Geräusch verstummen, würde das„Der endlose Krieg“ weiterlesen

Die Bahn kommt heute später

Die Bahn kommt heute später, ungefähr fünf Minuten, Grund dafür sei, eine Verspätung aus vorheriger Fahrt, sie bitten um Entschuldigung. Die Bahn kommt heute später, ungefähr fünfzehn Minuten, Grund dafür sei, ein spontaner Personalausfall, sie bitten um Entschuldigung. Die Bahn kommt heute später, ungefähr dreißig Minuten, Grund dafür sei, ein Polizeieinsatz, sie bitten um Entschuldigung.„Die Bahn kommt heute später“ weiterlesen

Matthew Matters

Wenn es ein Wort gab, das Matthew perfekt beschrieb, dann war es: simpel. Oder auch schlicht, einfach, bescheiden, durchschnittlich.Es gab an seinem Äußeren nichts markantes, nichts, was ihn aus der Menge hervorstechen ließ. Er hatte platt gedrückte, fast schon gebügelt wirkende, kurze, braune Haare. Seine Kopfform befand sich in der perfekten Schnittstelle zwischen rund und„Matthew Matters“ weiterlesen

Postfaschismus

Die Neonröhren summten über meinem Kopf. Weißes, grelles, unerbittliches Licht. Wieder Kopfschmerzen, wieder Migräne. Da halfen auch die von der Zentrale verschriebenen Tabletten nicht mehr. Das Summen war wie das Piksen Tausender kleiner Nadeln auf meiner Hirnrinde. An manchen Tagen glaubte ich, dass die Führung das mit Absicht so gemacht hatte. Um uns langsam aber„Postfaschismus“ weiterlesen

Schwarz-weißer Regen in einer schwarz-weißen Stadt

Der Regen prasselte gegen das Fenster des Zuges, ich lehnte meinen Kopf gegen die kühle Scheibe. Es war ein beruhigendes Geräusch, welches mich, in Kombination mit dem Rattern und Schaukeln des Zuges, völlig entspannte. Ich musste nur aufpassen, dass ich nicht eindöste und meine Haltestelle verpasste.Ich schaute auf mein weniges Handgepäck: Eine Tageszeitung von vor„Schwarz-weißer Regen in einer schwarz-weißen Stadt“ weiterlesen

Besuch beim Amt

Der Tag war gekommen, ich konnte es nicht länger aufschieben. Mein Personalausweis musste erneuert werden.Ich habe mich immer davor gefürchtet, da ich Gerüchte über das Bürgeramt und seine sehr langwierigen Bearbeitungsprozesse gehört habe. Vorher hatten immer meine Eltern meinen Ausweis für mich erneuert, doch jetzt war ich einundzwanzig Jahre alt, somit ein vollständiger Erwachsener, und„Besuch beim Amt“ weiterlesen

Corporate Pride

Die Regenbogenflaggen wehten im Wind. Die ganze Innenstadt war in den endlosen Farbkombinationen der »Pride-Bewegung« gekleidet. Es war »Pride Month«, es war jeden Monat »Pride Month«, doch dieser Monat war etwas besonderes, denn es war der originale »Pride Month«. Juni, um genau zu sein. Und deshalb wurde jedes Jahr im Juni ein großes Fest organisiert.„Corporate Pride“ weiterlesen