William James – Seelenkonzeption

1. Einleitung

Mein Vortrag behandelt die Seelenkonzeption des amerikanischen Psychologen William James, Grundlage dafür ist der Aufsatz von Felicitas Krämer „William James über die Seele“. Die Gliederung des Textes orientiert sich an den Aufsatz der Frau Krämer.

Frau Krämer argumentiert, dass William James den Begriff der Seele trotz seiner kritischen Haltung gegenüber der Metaphysik nie gänzlich verworfen hatte.

2. Eine „Psychologie ohne Seele“?

James positioniert sich in seinem Werk „Principles of Psychology“ (1890) als empirischer Psychologe, der das Geistige in Verbindung mit Gehirnzuständen sieht. Die physiologische und experimentelle Forschung ist für ihn eine Grundvoraussetzung zur Erforschung der Seele. Die Grundzüge für diese Forschung hatte er in seinen „Principles“ dargelegt und erläutert. Wenn James sich in diesem Werk mit dem Begriff der Seele auseinandersetzt, so verwendet er die Ausdrücke „soul“, „psyche“ und „consciousness“, in seinem Buch erläutert er die Entwicklung der Psychologie aus der Philosophie als rationale Seelenlehre. Diese Lehre hatte de Seele als eine vom materiellem Raum abgetrennte Entität bezeichnet. Für James ist die Psychologie die Wissenschaft des Mentalen (Gefühle, Überlegungen, usw.).

Diese Verschiedenheit lässt viele Betrachter zum Schluss kommen, die unterschiedlichen Funktionen des Mentalen zu ordnen und auf eine einheitliche Substanz (personale Seele) zurückzuführen, die Seele manifestiert sich dabei in verschiedenen Bereichen (z.B. im Erinnerungsvermögen). Für den Psychologen hat aber das Mentale keinen Substanz- sondern einen Prozesscharakter. Nur die mentalen Prozesse sind für einen empirischen Psychologen messbar und daher auch das einzig Reale. Eine fixierte Seelensubstanz lässt sich nicht empirisch beweisen, sondern dient nur als ein metaphysisches Hilfskonstrukt. Die Seele ist für James nicht nachweisbar, trotzdem möchte er den Seelenbegriff nicht verwerfen. Er möchte seinen spirituell veranlagten Lesern den Begriff nicht verbieten.

3. Der Nutzen des Seelenbegriffs im Leben

William James vertritt aufgrund seines Pragmatismus einen metaphysikkritischen Empirismus, der nur empirisch „harte“ Fakten anerkennt. Doch sein Pragmatismus wertschätzt auch Religion, seine Philosophie versteht sich als einen Mittelweg zwischen Empirismus und Rationalismus. Der Pragmatismus ist nicht radikal metaphysikkritisch, sondern überprüft z.B. religiöse Begriffe und bestimmt ihren Gehalt gegebenenfalls neu.

Laut James müsse der Begriff der Seele auf seine empirisch bestimmbaren Eigenschaften hin überprüfen. Für ihn bedeutet Seele ein „Kontinuum an einzelnen Episoden“, in dieser Hinsicht ist der Begriff Seele pragmatisch nützlich, aber abgesehen davon inhaltsleer. Aber wie auch andere metaphysische Begriffe hat die Seele andere lebenswichtige Funktionen, wie auch die Gottesidee spendet der Seelenbegriff Hoffnung, lässt an eine ideelle Welt glauben und an die ewige Gültigkeit von Werten.

4. Die Seele im religiösen Kontext

In seinem 1902 erschienen Werk „The Varieties of Religious Experience“ entwickelte er die Grundzüge seiner Religionsphilosophie und -psychologie, die sehr starke pragmatische Tendenzen aufweisen. Hier führt James auch das „Unterbewusste“ als eine Größe auf, die er in „Principles of Psychology“ noch verwarf. Was die traditionelle Seelenlehre als „Seele“ erklärte, war für William James ein graduiertes und dynamisches mentales Kontinuum. Laut James ist das Zentrum des Bewusstseins das Gleiche wie das Zentrum für Aufmerksamkeit, es wird gebildet aus den Ideen der Gegenstände die für das Individuum am wichtigsten sind, somit besteht das Bewusstsein nicht nur aus dem Wachbewusstsein, sondern auch aus dem sogenannten Unterbewusstsein.

Mit der Unsterblichkeit der Seelen befasst sich William James in seinen Ingsoll-Vorlesungen, dort diskutiert James ob das menschliche Bewusstsein (was oft als „Seele“ bezeichnet wird) nach dem Erlöschen von Aktivitäten im Gehirn noch weiterexistiert, James bietet darauf keine einfache Antwort, er sieht eher eine Differenzierung zwischen dem Verhältnis von Gehirn und Geist.

Für William James ist die Annahme das es individuelle Seelen gäbe die unsterblich sind, falsch. Stattdessen existiere ein „Muttermeer des Bewusstseins“ , d.h. Bewusstsein ist keine individuelle Größe, sondern ein überindividuelles geistiges Prinzip. Er entfernt sich von der Idee eines „individuellen Bewusstseins“ und nähert sich dem Panpsychismus.

5. Von der „disappearing soul“ zum Panpsychismus

In seinem Schriften „Essays in Radical Empirism“ entwickelte James die Doktrin eines „radikalen Empirismus“, er schließt dabei an das Motiv des Bewusstseinsstrom seiner Psychologie an. er nimmt dabei aber nicht die Position eines empirischen Wissenschaftlers an, sondern die eines „spekulativen Metaphysikers“. In diesen Schriften vertritt er einen „neutralen Monismus“, d.h. „Welt und Selbst erweisen sich als aus subjekt-objekt-neutralen Tröpfchen reiner Erfahrung und den erfahrbaren Relationen zwischen ihnen konstruiert.“1 Die Erfahrung ist dabei eine neutrale Größe, die zwischen Mentalem und Materiellen steht. James argumentiert, dass nicht nur die Seele Fiktion ist, sondern auch das menschliche Bewusstsein, für ihn bestünde die Welt durchgängig nur aus Teilchen „reiner Erfahrung“ und deren Relationen. Das Subjekt existiert nicht und auch das Gehirn sei keine materielle Basis für das Bewusstsein, die gesamte Welt bestehe demnach nur aus „reiner Erfahrung“.

1Felicitas Krämer, William James über die Seele, in: Katja Crone / Robert Schnepf / Jürgen Stolzenberg, Über die Seele, Berlin 2010, S. 267.

6. Krämers Fazit

Felicitas Krämer fasst William James‘ Seelenkonzeption in vier Punkten zusammen:

1. In der Psychologie löste der Begriff „Bewusstsein“ die Seele ab, aber James möchte aus pragmatischen Gründen den Seelenbegriff nicht verwerfen.

2. „Spiritualistische Begriffe“ sind wichtig für unser menschliches Denken, da sie in der Alltagspraxis auf uns einwirken und unser Handeln beeinflussen.

3. Zur Zeiten seiner „radikal empiristischen Schriften“ erklärte James das Bewusstsein und die Seele zu „Nichtidentitäten“ und kritisiert rückwirkend seine Auffassung einer Realität des personalen Bewusstseins.

4. Er bleibt beim „neutralen Monismus“ (Seele und Materie gehen auf neutrale „Tröpfchen reiner Erfahrung“ zurück) aber nicht stehen, sondern nimmt nach intensiver Lektüre Fechners die Existenz einer „überindividuellen All-Seele“ an.

Laut seiner Auffassung hat das Unterbewusstsein einen überindividuellen, allgemeinen Charakter und ist damit vergleichbar mit einem „Muttermeer des Bewusstseins“.

William James mag zwar die Existenz einer metaphysischen Seele kritisch gesehen habe, doch es war nie respektloser Natur, im Gegenteil, er sah diese metaphysischen Begriffe als essentiell für das menschliche Denken.

7. Literaturverzeichnis

1. Krämer, Felicitas: William James über die Seele, in: Crone, Katja / Schnepf, Robert / Stolzenberg, Jürgen: Über die Seele, Berlin 2010, S. 254-274.

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